Gesehen.Gehört.Geliebt. - Wie echtes Zuhören heilt
- Iris Bruckner
- 24. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Wann hast du das letzte Mal das Gefühl gehabt, dass dir wirklich jemand zuhört?
Nicht nur mit den Ohren, sondern mit dem Herzen.
Nicht, um zu antworten – sondern um zu verstehen.
Nicht, um dich zu bewerten – sondern um dich zu sehen.
Es ist dieser Moment, in dem wir spüren: Ich darf sein. Ich bin gemeint. Ich bin sicher.
Zuhören ist eine Form von Liebe. Eine Form von Anerkennung. Und vielleicht der kraftvollste Schlüssel für echte Verbindung zwischen zwei Menschen.
Ich liebe Geschichten. Ich liebe es, zuzuhören – mit offenem Herzen und wachem Geist. Vor allem liebe ich es, wenn sich Herzen öffnen. Wenn Worte beginnen zu fließen. Wenn jemand sagt: „Ich weiß gar nicht, warum ich dir das alles erzähle – aber es tut gerade einfach gut.“
Schon als Kind war ich fasziniert davon, was Menschen erzählen, wenn man ihnen Raum gibt. Heute, viele Jahre später, ist es ein zentraler Bestandteil meiner Arbeit geworden. Nicht nur das Zuhören an sich, sondern das bewusste Dasein.
In meinen Beratungen wird mir das oft bewusst. Viele Menschen kommen nicht wegen eines konkreten Problems. Sie kommen, weil sie sich endlich einmal mitteilen möchten. Weil sie sich nicht gesehen fühlen. Nicht gehört. Nicht verstanden.
Und oft beginnt Veränderung nicht mit einer Lösung. Sondern mit einem Satz: „Ich bin da. Und ich will dich verstehen.“

Was passiert, wenn echte Präsenz entsteht?
Es gibt ein wunderschönes Buch mit dem Titel „Leih mir dein Ohr und ich schenke dir mein Herz.“ Und genau das passiert, wenn wir in wirklicher Präsenz beim anderen sind. Wenn wir nicht gleich mit Ratschlägen oder Bewertungen reagieren. Sondern einfach da sind.
Ohne Maske.
Ohne Eile.
Ohne Ablenkung.
Zuhören heißt nicht: Ich stimme dir in allem zu.
Zuhören heißt: Ich halte es aus, dass du anders fühlst, anders denkst, anders bist.
Zuhören heißt: Ich bleibe in Verbindung. Ich bin neugierig. Ich bin da.
Wir alle tragen unterschiedliche Wahrheiten in uns. Unterschiedliche Filter, Erfahrungen, Prägungen. Es gibt nicht die Wahrheit – es gibt meine, deine und unsere Wahrheit. Und echtes Zuhören bedeutet, sich für die Welt des anderen zu interessieren, ohne sie gleich verändern zu wollen.
Was ist der Schlüssel einer guten Kommunikation?
Es geht um die Grundhaltung: Ich will dich verstehen.
Diese Haltung – dieses „Ich will dich verstehen“ – ist für mich der Schlüssel einer guten Kommunikation.
Die Frage ist nicht nur: Was sagst du?
Sondern auch: Was brauchst du gerade wirklich?
Und: Was brauchst du, um dich sicher, verbunden und verstanden zu fühlen?
Ich nenne das die 3G-Regel der Menschlichkeit: Gesehen. Gehört. Geliebt.
Was wir in Worte fassen, verliert seine Macht über uns
Viele Menschen, die in meine Beratung kommen, sagen zu mir: „Ich will einfach, dass mir jemand zuhört.“ Und das ist so nachvollziehbar. Denn: Wenn wir beginnen, unsere Gedanken in Worte zu fassen, passiert etwas in unserem Gehirn. Die Amygdala – unser emotionales Zentrum – beruhigt sich.
Wir sortieren, was gefühlt und gedacht wurde. Wir kommen ins Mitgefühl – mit uns selbst und anderen.
Wir fühlen uns klarer. Sortierter. Gehalten.
Doch wie oft bekommen wir im Alltag wirklich diesen Raum?
Wie oft dürfen wir ehrlich sagen, wie es uns geht – ohne bewertet zu werden? Wie oft dürfen Kinder Wut oder Traurigkeit zeigen – ohne gleich korrigiert zu werden? Wie oft dürfen wir als Erwachsene unsere Unsicherheit oder Angst teilen – ohne Scham?
Zuhören ist nicht nur ein Akt der Freundlichkeit. Es ist ein Akt der tiefsten Verbundenheit.
Es braucht Mut, sich mitzuteilen. Denn jede Offenheit birgt die Möglichkeit, verletzt zu werden. Aber genau darin liegt die Magie: Wenn wir beginnen, einander wirklich zu begegnen, entsteht Nähe. Vertrauen. Beziehung.
Vielleicht ist das größte Geschenk, das wir jemandem machen können, gar kein Ratschlag. Sondern ein aufmerksames Ohr, ein offenes Herz und die tiefe Haltung:
„Ich bin da. Und ich will dich verstehen.“
Und genau das brauchen wir – heute mehr denn je.
Ich lade dich ein, heute jemandem zuzuhören. Wirklich zuzuhören.
Ohne Ratschlag.
Ohne Eile.
Ohne Ablenkung.
Einfach nur da zu sein. Und dein Ohr zu schenken. Denn vielleicht überreichst du damit etwas viel Größeres:
Ein Herz.