Wenn alle Glück haben - nur du nicht?
- Iris Bruckner

- 11. Sept.
- 4 Min. Lesezeit
Glück. Dieses große Wort, das in aller Munde liegt. Das auf Tassen steht, auf Kalendern gedruckt ist, in Werbeslogans und Instagram-Posts auftaucht – und dennoch so oft fehlt.
Wie glücklich bist du heute – auf einer Skala von 1(unglücklich) bis 10 (sehr glücklich)?
Und was ist der Grund für deinen Wert?
Diese Frage regt nicht nur zum Nachdenken an. Sie berührt einen wunden Punkt bei vielen Menschen – besonders bei jenen, die das Gefühl haben, durchs Leben zu gehen, ohne je vom Glück gestreift worden zu sein. Während andere scheinbar auf der Sonnenseite stehen, bleibt man selbst zurück mit Zweifeln, innerer Unruhe oder dem lähmenden Gefühl: Bei mir passiert nie etwas Schönes.
Aber stimmt das wirklich? Ist Glück nur Zufall – oder können wir selbst etwas dafür tun?

Was ist Glück überhaupt und wie fühlt es sich an?
Glück ist kein Status, den man erreicht – sondern ein Gefühl. Ein inneres Empfinden, das sich einstellt, wenn etwas gerade richtig ist. Wenn das Leben Sinn ergibt. Wenn man in einem Moment ganz da ist und spürt: Das, was ich gerade erlebe, fühlt sich gut und schön an.
Glück ist persönlich. Es ist subjektiv. Und das macht es so besonders – und gleichzeitig so schwer greifbar.
Das Glücksgefühl entsteht in unserem Gehirn, im sogenannten Belohnungssystem. Werden dort Glücksbotenstoffe wie Dopamin ausgeschüttet, erleben wir Freude, Zufriedenheit, Euphorie oder Leichtigkeit. Das Gehirn speichert solche Momente ab – damit wir sie wiederholen können. Denn Glück motiviert. Es macht uns aktiv. Es lässt uns aufblühen.
Die Glücksformel - wie viel Einfluss haben wir wirklich?
Die Glücksforscherin Sonja Lyubomirsky hat in einer viel zitierten Studie festgestellt:
50 % unseres Glücksempfindens sind genetisch veranlagt – unsere sogenannte „Werkseinstellung“.
10 % werden durch äußere Umstände bestimmt – Geld, Wohnort, Beruf, soziales Umfeld.
40 % unseres Glücks hängen von unserem Verhalten, unserer Einstellung und unseren täglichen Entscheidungen ab.
Viele Menschen konzentrieren sich fast ausschließlich auf die äußeren 10 %. Sie glauben, ein neuer Job, ein besseres Auto oder mehr Geld würden das ersehnte Glück bringen. Kurzfristig mag das stimmen – aber es bleibt selten dauerhaft.
Die gute Nachricht: 40 % liegen in unserer Hand. Unsere Gedanken. Unser Fokus. Unser Umgang mit uns selbst und anderen.
Studien zeigen: Glück ist ansteckend
Die Wissenschaftler Nicholas Christakis und James Fowler haben in einer Langzeitstudie herausgefunden, dass Glück sich in sozialen Netzwerken verbreitet – ähnlich wie ein Lächeln.
Dieses Phänomen wird unter anderem durch sogenannte Spiegelneuronen erklärt – Nervenzellen in unserem Gehirn, die das spiegeln, was wir bei anderen beobachten und emotional mitfühlen.
Besonders stark wirkt dieser Effekt, wenn die Personen in unmittelbarer Nähe wohnen – konkret unter 1,5 Kilometer entfernt. Studien belegen: Wohnt eine glückliche Person so nahe bei dir, steigt deine eigene Glückswahrscheinlichkeit um 9 %. Wohnt hingegen eine unglückliche Person in dieser Nähe, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass auch du dich unglücklich fühlst – um 7 %.
Wenn sich zwei Personen gegenseitig "beste Freunde" bezeichnen, steigt die Glückswahrscheinlichkeit sogar um 63%.
Glück färbt ab – und das stärker, schneller und weiter als viele denken. Es lohnt sich also, sich mit Menschen zu umgeben, die selbst positive Lebensenergie ausstrahlen – und diese auch weitergeben wollen.
Die „Drei-Grad-Regel“ besagt: Glück zieht sogar weitere Kreise. Glück färbt auch auf andere Personen ab, auch wenn du diese Personen nicht persönlich kennst. Wenn zum Beispiel deine Freundin durch dein Glück "angesteckt" wird, kann sich ihr Glück wiederum auf dessen Arbeitskollegin übertragen.
Glück ist also nicht nur eine persönliche, sondern auch eine kollektive Erfahrung.
Vier einfache Fragen zur Selbsteinschätzung
Eine weitere Erkenntnis der Glücksforschung: Es braucht keine seitenlangen Fragebögen, um herauszufinden, wie glücklich ein Mensch ist. Vier einfache Aussagen reichen:
Ich habe letzte Woche das Leben genossen.
Ich war letzte Woche glücklich.
Ich blickte letzte Woche hoffnungsvoll in die Zukunft.
Ich hatte das Gefühl, genauso gut zu sein wie andere Menschen.
Wer alle Fragen mit Ja beantwortet, darf sich mit großer Wahrscheinlichkeit zu den glücklichen Menschen zählen. Wer viermal Nein sagt, erlebt gerade vermutlich eine unzufriedene Phase. Auch das darf sein – wichtig ist nur, es nicht als Dauerzustand zu akzeptieren.
Vielleicht liegt das Glück weniger im Haben - sondern mehr im Sein
Glück ist kein Ziel. Es ist ein Weg. Und oft liegt es nicht in großen Errungenschaften, sondern in den kleinen Dingen:
Ein ehrliches Gespräch
Ein Spaziergang in der Natur
Etwas mit den Händen schaffen
Dankbarkeit für etwas, das bereits da ist
Wer sich immer nach oben vergleicht, verliert leicht aus dem Blick, was bereits gut ist. Vielleicht hilft ein Perspektivenwechsel: Wie war mein Leben vor 5, 10 oder 15 Jahren? Was hat sich seither verbessert?
Und was ist wirklich entscheidend für langfristiges Glück?
Die bisher längste Studie zum Thema Lebenszufriedenheit – die Harvard Study of Adult Development – kommt zu einem klaren Schluss:
Gute Beziehungen machen uns glücklicher und gesünder.
Nicht Geld. Nicht beruflicher Erfolg. Nicht ein hoher IQ. Sondern Menschen, mit denen wir uns verbunden fühlen. Menschen, bei denen wir so sein dürfen, wie wir sind.
Diese Beziehungen – sei es in Partnerschaft, Familie, Freundschaft oder Gemeinschaft – wirken wie ein schützendes Netz. Sie geben Halt. Sie machen das Leben sinnvoll.
Glück beginnt mit der Frage: Worauf richte ich meinen Fokus?
Wenn du das Gefühl hast, das Glück meidet dich – dann lade ich dich ein, deine Aufmerksamkeit neu auszurichten. Nicht auf das, was fehlt. Sondern auf das, was da ist.
Vielleicht ist es (noch) nicht perfekt. Aber vielleicht steckt in deinem Alltag schon mehr Glück, als du glaubst.
Und vielleicht ist heute ein guter Tag, um es zu entdecken. 🧡




